Warum du ein Teleobjektiv brauchst
Ungefähr 90% meiner Landschaftsfotos habe ich mit einem Weitwinkel oder Superweitwinkel gemacht. Das typische Objektiv für die Landschaftsfotografie. Die restlichen 10% mit dem Teleobjektiv, d.h. mit Brennweiten größer als 50 mm bei einer Vollformatkamera. Erst ab 70 mm siehst du den Effekt. Diese Fotos sind aber nicht weniger spannend.
Mit einem Teleobjektiv kannst du ganz gezielt einzelne Ausschnitte aus der Landschaft hervorheben und damit eine ganz bestimmte Bildaussage schaffen. Das geht besonders gut, wenn es ein Objekt gibt, auf das du die Aufmerksamkeit deines Betrachters lenken möchtest. Damit zeigst du dein Objekt im Kontext der Landschaft.
Dieses mal habe ich zu allen Bildern die Brennweite (Vollformatäquivalent) hinzugefügt.
Mit diesem Baum im Rapsfeld, der vor einem stürmischen Hintergrund steht, wollte ich die Beständigkeit des Baumes hervorheben. Er trotzt den Elementen und dem Menschen. Mit einem Weitwinkel wäre er nur ein Mosaiksteinchen in einem weiten Rapsfeld und einem spektakulären Himmel gewesen.
Durch den Fokus auf den Baum und die Verwendung der Telebrennweite, ist die Aufmerksamkeit auf einen Teilaspekt der Landschaft gelegt, nämlich Lebewesen, die unter schwierigen Bedingungen gedeihen.
Das dabei noch der Farbkontrast zwischen dem gelben Feld und dem dunklen Himmel das Bild besonders farblich interessant machen ist ein willkommener Nebeneffekt.
Mit einem Weitwinkelobjektiv findest du oft die eine “beste Perspektive”. Mit einem Teleobjektiv kannst du vom gleichen Standort ganz unterschiedliche Fotos machen, indem du dir andere Objekte als Fokuspunkt aussuchst. Ein paar Beispiele von Objekten in der Landschaft:
- einzelne Bäume oder Baumgruppen
- Tiere, die für diese Landschaft typisch sind, z.B. Ponies
- charakteristische Felsen
- eine Brücke oder Seebrücke
- Sonne, Mond, Regenbogen, Wetterphänomene
- Waldhütten, Cottages, einsame Kirchen auf der Alm
Wenn Du noch andere Objekte mit einer Telebrennweite fotografiert hast, dann schreib es doch als Anregung auch für Andere als Kommentar unter den Blog Artikel. 😉
Brauchst du nun wirklich ein Teleobjektiv? Ich verrate dir, dass ich lange Zeit als Hobbyfotografin nur mit einem Reisezoom von 18 – 200 mm an einer APS-C Kamera (= 27 – 300 mm an einer Vollformatkamera) ausgekommen bin und kein spezielles Teleobjektiv besaß. Damit hatte ich genügend Telebrennweite für interessante Fotos.
Für meine Landschaftsfotografie hat das damals ausgereicht. Wenn du allerdings auch gerne Tiere fotografierst oder eine bessere Bildqualität haben möchtest, kannst du auf ein reines Teleobjektiv, z.B. 70 mm – 200 mm nicht verzichten.
1. Mit dem Teleobjektiv weit entfernte Motive fotografieren
Bei dem Baum im Rapsfeld oben hätte ich dichter an den Baum herangehen können. Das ändert aber die Perspektive. Für mich kommt die Wirkung des Bildes gerade durch das Rapsfeld vor dem Baum zustande.
Oft ist es dir aber in der gegebenen Landschaft durch tiefe Täler, Steilküste oder das Meer gar nicht möglich dichter an dein Motiv heran zu gehen. Auch zeitlich wirst du selten Gelegenheit haben größere Entfernungen für ein Foto zu überbrücken. Meist bist du ja doch mit Familie, Freunden oder einer Reisegruppe unterwegs und musst dich anpassen.
Dann ist es gut, wenn du mit einem Teleobjektiv deinen Fokus durch den Ausschnitt setzen kannst. Dabei lässt du Überflüssiges und Ablenkendes aus deinem Bild weg. Durch die geringere Schärfentiefe wird auch die Umgebung nicht komplett scharf und leitet den Blick auf dein scharfes Motiv. Wie du das machst erfährst du unten in den technischen Details.
2. Schärfentiefe kreativ nutzen
Hast du dich auch schon einmal gewundert, warum deine Fotos wenn du zoomst schneller unscharf werden?
Eine lange Brennweite (Teleobjektiv) hat bei gleicher Entfernung zum Objekt (Fokuspunkt) eine deutlich geringere Schärfentiefe als eine kurze Brennweite (Weitwinkelobjektiv).
Beispielrechnung: Kameratyp: APS-C
- Brennweite: 90 mm vs. 18 mm (=135 mm vs. 27 mm an Vollformat)
- Blende: 2,8
- Entfernung zum Objekt (Baum): 10 m
- Schärfentiefe: bei 90 mm, von 9,4 m bis 10,7 m, davor und dahinter wird es unscharf während bei 18 mm, von 3,9 bis unendlich alles scharf abgebildet wird
Am besten schaust du bei längeren Brennweiten ab und zu mal in einen Schärfentieferechner. Dann hast du mittels der Blende die volle Kontrolle wieviel um dein Objekt herum scharf abgebildet wird und kannst es kreativ nutzen.
In meinem blog Artikel über nützliche Fotoapps stelle ich dir die Fotoapp “Fototool” dafür vor.
Wie du am besten ein Landschaftsfoto mit dem Teleobjektiv machst - die Technik
Neben der Perspektive, die natürlich das Allerwichtigste ist, gibt es ein paar Fragen, die ich immer wieder in Bezug auf die Telebrennweite höre.
1. Wo stelle ich scharf, wenn ich doch nur eine geringe Schärfentiefe habe?
Wenn du ein Teleobjektiv verwendest stellst du immer auf dein Objekt scharf. Dieses wird sich oft in etlicher Entfernung befinden und dadurch wird dein Vordergrund, wenn du einen hast, unscharf werden.
Dieses Pony befand sich in ca. 300 m Entfernung. Hier die kurze Rechnung: an der APS-C Kamera mit Brennweite 200 mm (entspricht 300 mm an der Vollformat), Blende 8 eingestellt, ergibt bei einer Entfernung von 300 m Schärfe ab 150 m. Alles dichter an dir dran wird unscharf.
Oft wird eine mittlere Blende (z.B. wie hier 8) ausreichend sein, da die Unschärfe um dein Objekt herum dieses hervorhebt bzw. sehr weit entfernte Landschaft sowieso im Dunst liegt.
2. Wie vermeide ich ein verwackeltes Bild?
Der einfachste Weg? Wenn du ein Stativ hast, setze es ein und außer bei Sturm sollte Verwacklung nicht vorkommen. Ich nutze als leichtes Reisestativ das Manfrotto Element Traveller Carbon.
Aber aus der Hand? 🤔Mit einer Telebrennweite verwackelst du schneller als mit einem Weitwinkel und das hat nichts mit der Schärfentiefe zu tun. Es gibt eine einfache Regel für die maximale Verschlusszeit, die du bei einer bestimmten Brennweite noch aus der Hand halten kannst, ohne zu verwackeln.
Diese Regel besagt, dass die maximale Verschlusszeit dem Kehrwert der verwendeten Brennweite entspricht. Dies gilt für eine Vollformatkamera. Für alle anderen Kameras gilt die Regel, wenn sie den gleichen Bildausschnitt wie eine Vollformatkamera produzieren. Das heißt du kannst nicht einfach den Kehrwert aus deiner eingestellten Brennweite nehmen, sondern musst den sogenannten Crop-Faktor berücksichtigen.
Weißt du, was für einen Sensor deine Kamera hat? 🤔 Wenn nicht, finde es heraus. Es bringt dich extrem weiter, wenn du es weißt. 🤩
In vielen Kameras sind kleinere Sensoren als das früher übliche Filmformat (= Kleinbild =Vollformat) verbaut. Beim Fotografieren mit einem Teleobjektiv kannst du ganz leicht die maximale Verschlusszeit ausrechnen, indem du die eingestellte Brennweite mit dem Crop-Faktor deines Sensors multiplizierst. Hier die Crop-Faktoren für gängige Sensortypen:
- APS-C 1,5 (Nikon, Sony) – 1,6 (Canon)
- MFT 2
- Kompaktkamera >2,7 (leider nicht einheitlich, sollte im Handbuch zu finden sein)
Falls du es genauer wissen willst, kann ich dir den ausführlichen Artikel zur Kehrwertregel vom Karsten Kettermann empfehlen.
3. Wie gelingt es mir bewegte Objekte in der Landschaft einzufangen?
Meereswellen sind eines meiner Lieblingsobjekte, egal ob wunderschön mit Regenbogen oder dramatisch im Sturm.
Wenn du hier eine extrem lange Brennweite nimmst, hast du die Welle(n) alleine fotografiert. Mit einer moderaten Telebrennweite gelingt es dir die Wellen in der Küstenlandschaft zu zeigen.
In beiden Fällen brauchst du sehr kurze Belichtungszeiten, um die Bewegung einzufrieren. Den Autofokus legst du auf die Welle. Die kürzere Belichtungszeit erreichst du, wenn du die Blende weiter öffnest und/oder die ISO erhöhst.
Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Einsatz einer Telebrennweite, ob nun vom Reisezoom oder Teleobjektiv. Vielleicht versuchst du einmal viele verschiedene Motive mit unterschiedlicher Bildaussage von einem bestimmten Standort aus zu finden. Das schult deinen Blick enorm und macht Spass.
Wenn du Fragen hast oder Anregungen teilen möchtest, schreib sie einfach unten in die Kommentare.
Die Kate
Hallo Kate,
ich habe ein Verständnisproblem wenn es um die Schärfentiefe geht. Beispiel: Deine Darß-Fotos. woher weißt Du das der Baum 10m entfernt ist? Bzw. das Objekt 40m entfernt ist? Bei 10m kannst du vielleicht die Distanz abschreiten, wenn kein Hindernis (Wasser, Abhang) dazwischen liegt. was ist bei z.B. 40 od. 90m? Ich frage das im Hinblick auf den DOF-Rechner.
einen lieben Gruß von Bruno aus HH
Hallo Bruno,
eine Kamera misst zwar die Entfernung, sonst könnte sie mit dem Autofokus nicht scharf stellen, zeigt sie dir allerdings leider nicht an. Ganz selten ist eine Skala am Objektiv (wenn vorhanden) gut genug, da meist nur kleine Entfernungen angegeben sind. Wenn du also nicht in einen separaten Entfernungsmesser, wie z.B. einen TACKLIFE oder LIXADA investieren willst, bleibt dir nur die Schätzung. Anhaltspunkte sind dann z.B. Bundesstraßen, die ungefähr 10m breit sind oder dir auf einem Sportplatz, Rennbahn … mal Entfernungen genauer anzuschauen. Die 10m im Darßer Wald sind geschätzt. Ich glaube aber, da ich viel im Wald unterwegs, bin ich darin ganz gut.
Gebündelte Informationen, so interessant – jede einzelne Info für sich – spannend und lehrreich.
Wieder ganz toll und lieben Dank dafür mit Grüßen von Brigitte
Freut mich, dass du was gelernt hast. Jetzt geht es ans anwenden 😉
Die Kate
Sehr schöner Blogartikel: informativ, anschaulich, die richtige Dosis (auch nicht zu lang).
Vielen Dank!
Danke Dir ☺ Bernd
Da kann ich mich Bernd nur anschließen. Und sehr schöne Beispielfotos!
Vielen Dank!
Danke dir für das Lob Sylvia!
Hallo Kate,
nach Deinem Blog habe ich mich auf den Weg gemacht und bin auf die höchste Erhebung in der Fränkischen Schweiz ( Walberla ) zur Abendstunde gegangen.
Mit dem Sigma Tele 70-200mm, f/2,8 und Konverter 2,0 habe ich eine Nachtaufnahme gemacht.
Am PC sah das Bild nicht scharf aus.
Die Einstellwerte:
f/5,6; 30 sec.; 140mm; Stativ; Fernauslöser; am Objektiv OS auf OFF; Fokus: AF, Ma; Fokusmodus: Einzelautofokus
Was ist Schuld am unscharfen Bild?
Gruß Manfred
Hallo Manfred, irgendwie ist der Kommentar weggerutscht, nachdem wir über das Bild gesprochen hatten. Du hast erst einmal alles richtig gemacht, indem Du das Stativ benutzt hast und dabei den Bildstabilisator ausgestellt hast. Deshalb habe ich zwei Vermutungen. 1. Es ist dunstig gewesen (Dann kannst Du nichts machen.) oder 2. Ich vermute weiterhin, dass dein Autofokus mit dem wenigen Licht nicht gut klar kam. Hier nochmal mein Blog-Beitrag dazu: https://katefish.eu/de/manueller-fokus/ und dann hilft manuelles Fokussieren.
Dir noch viele scharfe Fotos
Die Kate
Hallo Kate,
endlich mal jemand der nicht nur die Möglichkeiten mit Weitwinkelobjektiven bei Landschaften zeigt.
Bei mir ist das Verältnis von Weitwinkel zu Tele ähnlich wie bei dir verteilt. Um da flexibler zu sein, habe ich mir letztes Jahr ein zweites gebrauchtes Gehäuse gekauft. So habe ich 2 Kameras mit verschiedenen Objektiven bestückt und kann relativ schnell auf Lichtsituationen reagieren.
Danke für deine Tipps!
Schönen Gruß von Bernd
Hallo Bernd,
das freut mich, dass selbst ein Profi wie Du noch von meinen Tipps profitiert. Da meine zweite Kamera ein Makroobjektiv trägt, muss ich leider zwischen Kit-, Tele- und Superweitwinkelobjektiv immer wechseln.
Die Kate
Hallo, guter Artikel.
Mein Ansatz ist eine Festbrennweite für die Landschaft:
ABS-C 50mm / HP Steinbruch bzw. 75mm / HP Frühling.
Ich finde eine Fotoreihe mit nur einer Festbrennweite viel schöner.
Schöne Grüße aus dem Schwarzwald Jens.