Manueller Fokus - Warum du ihn brauchst

Manueller Fokus? Wozu sollte ich den benutzen? Der Autofokus macht seine Sache doch ausgezeichnet. Mittlerweile hat doch jede Kamera genügend Autofokuspunkte, so dass ich doch überall im Bild scharf stellen kann. Oder etwa nicht?

Doch Autofokuspunkte habe moderne Kamera beeindruckend viele. Meine “alte” Canon hatte 9. Meine “neue” Nikon Z6 hat sage und schreibe 273 Autofokuspunkte. Ich kann also sehr präzise scharf stellen. Aber leider nicht immer.

Erstaunlicherweise treffe ich immer wieder Hobbyfotografen, die den manuellen Fokus an ihrer Kamera noch nie benutzt haben.

Gehörst du auch dazu? Dann zeige ich dir hier 3 Situationen, in denen du dich nicht auf den Autofokus verlassen solltest und besser manuell fokussierst.

Langzeitbelichtung
Teignmouth Pier bei Nacht

1. Manueller Fokus bei wenig Licht

Lulworth Cove im Süden Englands kurz vor Sonnenaufgang

Dir ist es vielleicht schon einmal passiert, dass Fotos, die du in dunkler Umgebung gemacht hast unscharf geworden sind.

Dabei hattest du die Kamera nachts draußen in der Landschaft oder im Partykeller extra auf’s Stativ gestellt, damit nichts verwackelt. Trotzdem hast du die Unschärfe auf den Wind oder die Kamera geschoben.

Dabei liegt es oft daran, dass dein Autofokus zu wenig Licht bekommt, um zu funktionieren. Dann schalte ihn am besten ab und fokussiere manuell. Wie, zeige ich dir weiter unten.

Kleiner Trick: Wenn du die gleiche Landschaft mit unveränderter Perspektive und ohne die Brennweite zu verändern, abends vom Sonnenuntergang in die blaue Stunde hinein fotografierst, dann fokussierst du am besten solange noch genug Licht vorhanden ist und schaltest dann den Autofokus ab.

2. Manueller Fokus bei wenig Kontrast

Um scharf stellen zu können muss der Autofokus entscheiden, wo eine Abgrenzung zwischen hell und dunkel ist. Es muss also genug Kontrast zwischen Beidem geben. 

Nebel

Da es gerade jetzt die schönste Jahreszeit für Nebel ist, kann der auch für den Autofokus zum Problem werden.

Alles ist ja im Nebel mehr oder weniger grau in grau ohne klare Begrenzung. Selbst wenn du mit einem Teleobjektiv dir ein für dich klar erkennbares Objekt aus dem Nebel heraus pickst, kann es sein, dass dein Autofokus nicht vernünftig arbeitet.

Auch hier hilft nur: Autofokus abschalten und manuell fokussieren.

Mystische Atmosphäre mit einer Holzbank mit Reif überzogen mit Blick auf Nadelwald, der im Schneesturm nur nebelhaft zu erkennen ist. Beispiel für Wetter im Fotografie Kurs - schöne Winterbilder vor der Haustür

Makrofotografie

Pilze auf Totholz Detailfoto als Waldfoto

Gerade im Nahbereich sind Ton in Ton Aufnahmen eins meiner Lieblingsmotive. Deins auch?

Eine blaue Blüte vor ihren blauen Artgenossen oder ein rotes Herbstblatt vor den anderen roten Herbstblättern am Baum, sind faszinierende Motive. Bei diesen gleichfarbigen Pilzen hat mein Autofokus tatsächlich noch gut funktioniert.

Oft hat er es in solch einer Situation aber schwer eine klare Kante zwischen den Farben zu finden. Dann bietet es sich auch hier an den Autofokus abzustellen und manuell zu fokussieren.

3. Manueller Fokus - Du willst die Kontrolle

Präzise Schärfe für deine Bildaussage

Wenn du durch eine Scheibe fotografierst und selbst entscheiden willst, ob die Regentropfen an der Scheibe oder das Haus dahinter scharf werden sollen, dann kannst du das natürlich mit dem Autofokus ausprobieren.

Bis er “merkt” was du scharf gestellt haben willst, kann es ganz schön lange dauern. Besser du übernimmst gleich die Kontrolle und setzt den manuellen Fokus ein.

Das gleiche gilt natürlich für Regen und Schnee draußen in der Landschaft. Du kannst dich ganz kreativ entscheiden, den Fokus auf die Schneeflocken oder Regentropfen zu legen und den Hintergrund verschwommen abzubilden oder eben umgekehrt.

Das kann die Kamera nicht für dich so einfach tun. Da bist du mit dem manuellen Fokus schneller und präziser.

Wassertropfen am Fenster mit Spiegelbild eines Hauses als Beispiel für kreative Möglichkeiten im Fotokurs Makrofotografie im Herbst oder Kreativ mit der Kamera

Geringe Schärfentiefe bei Nahaufnahmen

manueller Fokus eingesetzt bei dieser hellgrünen Flechte, die sich fein verästelt um den Zweig zu winden scheint. Bokeh aus grün braunem Hintergrund mit Lichtkreisen
Baumflechte
Frostiges rot gelbes Ahorn-Blatt mit geringer Tiefenschärfe und Fokus auf dem Frostrand als Beispiel für ein Detailfoto im Winter und aus dem Fotografie Kurs Makrofotografie im Vorfrühling
Herbstblatt mit Frost

Im Makrobereich, wenn du sehr dicht an deinen Objekt heran gehst, dann bekommst du eine sehr geringe Schärfentiefe. D.h. nur ein ganz geringer Bereich, manchmal sogar weniger als eine Ebene von 1 mm, wird scharf abgebildet. Das gerade macht für mich den Reiz von Makroaufnahmen aus.

Da bist aber du mit deiner Entscheidung gefragt, wo dein Foto scharf sein soll. Soll es im Vordergrund Unschärfe geben oder willst du die äußersten Spitzen einer Flechte scharf haben? Diese Entscheidung triffst du als Fotograf und dein Autofokus kann deine Gedanken leider “noch?🤔” nicht lesen. Deshalb willst du hier manuell fokussieren.

Es gibt einen einfachen Trick im Nahbereich mit dem manuellen Fokus noch präziser zu arbeiten. Statt am Fokusring zu drehen, wie ich das unten beschrieben habe, benutzt du deinen Körper, indem du vor und zurück gehst, bis die Schärfenebene genau dort liegt, wo du sie haben willst. Dann drückst du den Auslöser.

Das ist einfacher und präziser und du bekommst schneller das Foto, das du dir wünschst.

Kleine Anleitung zum manuellen Fokussieren

Manuell zu fokussieren bedarf ein klein wenig Übung, aber es gibt einige Hilfsmittel an deiner Kamera, die Du nutzen kannst. Hier die Schritt für Schritt Anleitung:

1. Autofokus ab- beziehungsweise manuellen Fokus einschalten

Das geht meistens am Objektiv durch einen Schalter, den du von A oder AF auf M oder MF bewegst. Bei neueren Kameratypen allerdings auch an der Kamera.

2. Am Fokusring drehen

Bei manchen Objektiven siehst du jetzt, das es etwas rausfährt (der sogenannte Auszug). Wenn er ganz eingefahren ist, dann hast du auf unendlich ∞ fokussiert. Wenn er ganz ausgefahren ist, dann hat er seine Naheinstellgrenze erreicht. Die Naheinstellgrenze steht übrigens auf deinem Objektiv drauf (als Wert oder als Skala, wie im Foto an dem unteren Objektiv). Wenn du näher als diese Entfernung an dein Objekt heran gehst, bekommst du es nicht mehr scharf gestellt.

Oft siehst du aber gar nicht mehr am Objektiv, dass sich etwas bewegt. Hier werden nur die Linsen im Inneren verschoben. Auch dann zeigt dir meist eine Skala am Objektiv oder auf dem Display, wo du dich mit dem Fokus ungefähr befindest.

Du drehst so lange am Fokusring, bis dein Objekt scharf ist.

3. Feinjustierung mit Vergrößerung

Deine Kamera kann das Live Bild auf dem Display vergrößern. Bei modernen spiegellosen Kameras geht das auch im Sucher. Das willst du dir immer zu nutze machen, wenn du deine Kamera auf dem Stativ hast. (Vergiss dabei nicht den Bildstabilisator auszuschalten 😉.) Dann kannst du noch einmal überprüfen, ob der Fokus genau getroffen ist.

Aus der Hand fällt es mir eher schwer mit der Vergrößerung zu arbeiten, ohne die Kamera zu bewegen und damit den Bildausschnitt zu verändern. Deshalb nutze ich die Vergrößerung hier erst in der Bildkontrolle und mache eventuell ein zweites Bild.

Ich habe ganz bewusst auf eine ausführliche Technikbeschreibung der verschiedenen Autofokustypen verzichtet. Auch hier entwickelt sich die Technik schneller als du denkst und es gibt immer mehr Mischtypen. Am besten ist es die Grenzen deines Autofokus zu kennen und in den manuellen Fokus zu wechseln, wenn der Autofokus nicht präzise genug arbeitet.

Ich wünsche dir ganz viel Erfolg, wenn du das nächste Mal ausprobierst manuell zu fokussieren. Viele tolle super präzise fokussierte Fotos! Wenn du Fragen oder Anregungen hast, schreib sie mir unten in die Kommentare.

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Die Kate

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10 Kommentare zu „Manueller Fokus“

  1. Hallo Kate,
    ein super geschriebener Blogbeitrag. Gerade das manuelle Fokussieren hatte ich in letzter Zeit öfter ausprobiert.
    Wobei es (mit dem Autofokus) bei der Panasonic G9 einfach ist, entweder mit dem Touchfokus (d.h Du tippst auf die Stelle die Du scharf haben willst) oder man nutzt einen kleinen joystick, den man auch während der Sicht durch den Sucher noch verschieben kann. Allerdings habe ich auch Fremdobjektive die sich mit dem Autofokus nicht vertragen und somit auf manuellen Fokus angewiesen bin. Dank einer freien Tastenbelegung kann ich die MF-Lupe gezielt einsetzen ohne die Kamera abzusetzen. Da ist dann das Wissen um den manuellen Fokus klasse.
    Vielen Dank für deinen Blogbeitrag und die wie immer sehr hilfreichen Bilder und Erklärungen.
    Bleib gesund und liebe Grüße
    Klaus

    1. Hallo Klaus,

      ich freu mich sehr über dein Lob. Ja die MF-Lupe an der Panasonic ist schon eine schöne Sache fürs manuelle Fokussieren.

      Bleib du auch gesund
      Grüße aus Bristol
      Die Kate

    1. Hallo Bernd,

      So ist es, und wem nicht bewusst ist, dass sein Autofokus nicht immer funktioniert, der findet den Fehler auch nicht so schnell. Autofokus “an”, gehört allerdings auch bei mir zu den Standardeinstellungen und nur wenn nötig fokussiere ich manuell.

      Viele Grüße
      Die Kate

  2. Hallo Katja,
    vielen Dank für diese tolle Beschreibung 🙂
    Ich glaube, damit werde ich jetzt endlich in die M-Fotografie einsteigen. Ich gehöre nämlich auch zu denen, welche ….
    ….noch nie, na ja, du weißt schon, benutzt haben, ha, ha, ha.
    Liebe Grüße, wir sehen uns im Makrokurs.
    Schönes Wochenende
    Katrin

    1. Hallo Katrin,
      Danke für das Lob. Unbedingt etwas üben. Bin auf deine Erfahrungen gespannt. Sicher werden jetzt einige Bilder besonders im Makrobereich leichter scharf werden.

      Grüße aus Bristol
      Die Kate

  3. Hallo Kate, danke für den interessanten Beitrag. Ich arbeite tatsächlich auch wenig mit manuellem Fokus, sondern benutze an der alpha6000 meist das Fokusfeld Spot und richte es genau auf das Motivdetail, das ich scharf haben möchte – klappt auch meistens. Hinzu kommt, dass das Kitobjektiv SELP1650 keinen Fokusring hat. Bei wenig Licht hatte ich aber genau das von Dir geschilderte Problem, dass der Autofokus einfach nicht funktioniert. Jetzt weiss ich woran es gelegen hat und würde beim nächsten mal mein 35mm Festbrennweitenobjektiv SEL35F18 benutzen und manuell fokussieren.

    Viele Grüße aus dem herbstlichen Chemnitz
    Bernd

    1. Hallo Bernd, danke für dein Lob. Zu deinem Problem mit dem Kitobjektiv: Ich hätte mich gewundert, wenn es ein Objektiv gäbe, das du nicht manuell fokussieren kannst. Sony sagt zu deinem SELP1650: Im AF-Modus (Autofokus) steuert der Doppelfunktions-Stellring den Zoom, im MF-Modus (Manueller Fokus) ermöglicht er die manuelle Steuerung. Also probiere mal aus im manuellen modus mit dem zoom ring zu fokussieren. Sollte klappen.

      Viele Grüße aus dem regnerischen Bristol
      Die Kate

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